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30 Minuten mit: Matt Alder von Recruiting Future
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Mein heutiger Interviewpartner ist Matt Alder. Der 45-jährige Brite ist der Macher des Podcast „Recruiting Future„. Mit Matt habe ich die erste Jobsucher-Podcast-Episode in Englisch aufgenommen und ich bin sehr gespannt, wie Du das findest. Bitte hinterlass mir doch einen Kommentar, ob es Dir gefallen würde, wenn ich weitere Englisch sprechende Gäste in meine Show hole. Den Blick über den Tellerrand finde ich persönlich sehr spannend. Andererseits ist es beim Zuhören natürlich eine Herausforderung. Deswegen gibt es hier anstelle des sonst üblichen Blogbeitrags die deutsche Übersetzung des kompletten Interviews! Dass ich das bei jedem (eventuell noch folgendem) englischen Gast machen werde, kann ich Dir allerdings noch nicht versprechen. Wenn ich gut drauf bin und viel Zeit habe vielleicht. 😉 Deswegen interessiert mich ebenfalls, ob Du auch – ohne – Übersetzung mit weiteren englischen Folgen einverstanden wärst. Schon mal Danke für Dein Feedback!
Deutsche Übersetzung
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode des Endlich Montag Jobsucher-Podcast! Heute habe ich einen Interviewpartner aus UK in meiner Show, sein Name ist Matt Alder und ich freue mich wirklich sehr darüber, ihn dabei zu haben und auch über meine erste Episode in Englisch. Hallo Matt.
Hallo und vielen Dank, dass ich in der Show sein darf.
Ich freue mich. Matt, bitte sag meinen Hörern, wer Du bist und was Dein Job ist. Was machst Du in UK?
Na klar. Mein Name ist Matt Alder und ich mache verschiedene Sachen.
Der Hauptteil meiner Arbeit besteht darin, mit unterschiedlichen Arbeitgebern zusammenzuarbeiten und ihnen dabei zu helfen, die Art und Weise, wie sie Talente auf ihre Organisationen aufmerksam machen, innovativer zu gestalten. Ich helfe ihnen bei den Rekrutierungsprozessen und beim Personalmarketing und beim Umgang mit Technologien, die die Arbeitgeber vielleicht dafür nutzen.
Außerdem bin Autor. Ich habe das Buch „Exceptional Talent“ (Außergewöhnliches Talent) geschrieben, das im Mai weltweit veröffentlich wurde. Darin geht es darum, was Unternehmen tun müssen, um ihre Organisationen für die besten Talente attraktiv zu machen.
Und drittens bin ich ein Podcast-Kollege. Ich veröffentliche einen wöchentlich erscheinenden Podcast zum Thema Rekrutierung. Es ist eine interessante Erfahrung, in dieser Show auf der anderen Seite des Tisches zu sein.
Ich kann Deinen Podcast nur empfehlen. Ich denke darüber nach etwas ähnliches in Deutsch zu machen. Wer weiß, eines Tages ist es so weit … 😉
Weißt Du, wie ähnlich oder unterschiedlich die Arbeitsmärkte in UK und Deutschland sind? Ich frage, weil ich vor ungefähr 20 Jahren in Irland gearbeitet habe. Bei der Jobsuche habe ich Anschreiben und Lebensläufe verschickt und dann festgestellt, dass alles über Arbeitsvermittler zu laufen scheint. Ich weiß nicht, was sich in den vergangenen 20 Jahren getan hat und wie die Lage in UK ist. Kannst Du uns etwas dazu sagen?
Im Vollzeit-Markt spielen Vermittler keine Rolle
Natürlich. Arbeitsvermittler spielen bei der Personalgewinnung in UK immer noch eine wichtige Rolle. Die meisten Arbeitgeber nutzen Arbeitsvermittler in größerem oder kleinerem Umfang. Speziell in Arbeitsmärkten mit Werk- und Zeitverträge haben Arbeitsvermittler einen großen Markt. Im Vollzeit-Arbeitsmarkt spielen die Arbeitsvermittler keine Rolle. Dort arbeiten die Arbeitgeber immer mehr daran, die Leute direkt zu rekrutieren. Damit wollen sie Zeit und Geld einsparen, das sie für Arbeitsvermittler aufwenden müssten.
UK bietet im Moment ein recht interessantes Bild. Es gibt immer noch eine Menge Stellen, die über Arbeitsvermittler besetzt werden. Aber da ist auch eine stark wachsende Zahl an Arbeitgebern, die die Leute direkt rekrutieren wollen. Die wollen sich die neuen Technologien und die neue Art über Rekrutierung zu denken, zunutze machen, um damit in der Lage zu sein, die Personalgewinnung selbst in die Hand zu nehmen.
„Aktive Personalgewinnung nimmt definitiv zu!“
Direkt rekrutieren: Meinst Du damit Active Sourcing? Oder reden wir über Stellenanzeigen auf Firmenwebseiten? Oder was sonst meinst Du?
Um ehrlich zu sein, ist es ein bunter Mix aus Dingen, die gemacht werden. Vieles hängt davon ab, in welchen Kreisen ein Unternehmen unterwegs ist. Bei wissenschaftlichen und technischen Stellen gibt es zum Beispiel im Moment einen Mangel an Leuten mit den passenden Fähigkeiten in UK, weswegen die Unternehmen bei diesen Stellen in der Personalgewinnung viel proaktiver unterwegs sind.
Im Einzelhandel neigen Unternehmen tendenziell eher dazu, Stellen auf Karrierewebseiten auszuschreiben und dann auf die eingehenden Bewerbungen zu reagieren. Das, was gemacht wird, ergibt eine Art gemischtes Bild, aber aktive und direkte Personalgewinnung nimmt definitiv zu.
Arbeitgeber müssen sich anstrengen
Liegt das daran, dass weniger Bewerbungen geschickt werden? Oder daran, dass es durch den demographischen Wandel einfach weniger Menschen gibt, die Bewerbungen schicken könnten?
Ich glaube es gibt mehrere Gründe.
Im Moment ist die Arbeitslosenquote im UK sehr gering. Es gibt also viele, viele Stellen, die nicht besetzt sind. Arbeitgeber müssen sich wirklich anstrengen, um Leute zu finden, die für sie arbeiten.
Eine andere Sache ist, dass sich gerade so unheimlich viel tut. Jobbörsen waren in UK immer sehr stark und sind immer noch eine wesentliche Kraft am Arbeitsmarkt. Aber es gibt sooo viel Wettbewerb durch Neuerungen, die bei den Jobsuchern auch Aufmerksamkeit bekommen. Das Internet und Handys sind voll mit unheimlich viel Ablenkung und allen Arten von Informationen. Deshalb empfinden es Unternehmen als immer schwerer, ihre Stellenausschreibungen da durchzubringen. Und auch die Leute dazu zu bringen, sie – und die Stellen, die sie zu besetzen haben – überhaupt zu bemerken. Im Moment ist es wirklich ein von den Bewerbern getriebener Markt. Arbeitgeber müssen hart dafür arbeiten, um die richtigen Leute für ihre Organisationen zu finden. Das ist der Grund, warum sie verschiedene Taktiken benutzen und vielleicht mehr proaktiv vorgehen, als noch vor fünf oder zehn Jahren.
Jobs finden und gefunden werden
Ich finde, das ist eine wirklich coole Entwicklung. Die Arbeitgeber bewerben sich jetzt bei den Arbeitnehmern, anstatt andersherum. Vor zehn Jahren hätten wir gesagt, dass das unmöglich ist. Wenn Du der Jobsucher wärst: Wie würdest Du vorgehen?
Das ist eine sehr interessante Frage. Ich finde, dass es eine Balance zwischen „einen Job finden“ und „für einen Job gefunden werden“ ist. Wenn ich jetzt nach einem Job suchen würde, dann würde ich immer noch in Jobbörsen gucken um zu sehen, wer Anzeigen schaltet. Ich würde aber gleichzeitig sicherstellen, dass ich von Leuten gefunden werde, die proaktiv zum Beispiel bei LinkedIn suchen.
Außerdem würde ich meinem Netzwerk sehr viel Aufmerksamkeit schenken, um herauszufinden, ob es Möglichkeiten für mich gibt, von denen die Menschen, die ich kenne, vielleicht etwas wissen. Ich würde einen starken Fokus auf mein Online Profil bei LinkedIn, oder wo auch immer das wäre, legen. Dort würde ich sicherstellen, dass es mich als einen potentiellen Arbeitnehmer widerspiegelt und verkauft.
Gleichzeitig würde ich aktiv an Orten schauen, wo Leute Anzeigen schalten. Ich würde das als persönliche, professionelle „Marke“ sehen und sicherstellen, dass mein Profil mit den bestmöglichen Informationen über mich aktuell ist. Der Wert, den ich einem Arbeitgeber bringen könnte, wäre dabei der kritische Teil.
Offen dafür sein, dass sich alles verändert
Ich finde, es fühlt sich toll an, wenn Dich jemand findet und Dir einen Job anbietet. Deine Karriereplanung liegt dann aber unter Umständen mehr in den Händen des Anbietenden. Ich denke, dass es für einen Jobsucher sehr gut ist, einen Plan zu haben, wohin die Reise gehen soll und dann aktiv danach zu suchen. Der Nachteil dabei ist, dass Du die Arbeit dann selbst machen musst, aber trotzdem: Wie denkst Du darüber? Ich finde, wenn Dich jemand anruft und Du entscheidest ob Du annimmst oder ablehnst, dann solltest Du Dir über Deine Ziele und darüber, wohin Du möchtest, sehr klar sein.
Ich denke, dass Du definitiv einen klaren Plan brauchst, wonach Du eigentlich suchst. Gleichzeitig denke ich, dass sich die Arbeitswelt sehr verändert. Dass sich Deine Möglichkeiten sehr verändern. Und dass sich sogar die Art, zu Arbeiten, verändert. Deswegen bin ich der Meinung, dass die Leute auch offen sein sollten.
Weißt Du: Ich habe seit sieben oder acht Jahren mein eigenes Unternehmen und arbeite für mich selbst. Wenn ich mich in die Vergangenheit zurückversetze, dann ist es für mich undenkbar, mich selbstständig zu machen. Aber ich habe es gemacht, weil sich die Gelegenheit von selbst bot und weil ich im Denken offen war. Und es ist wirklich gut ausgegangen. Einen Plan mit Zielen zu haben, ist entscheidend. Ich denke aber auch, dass Menschen offen dafür sein sollten, anders zu arbeiten, übers Internet zu arbeiten oder was auch immer. Eben weil die Arbeitswelt sich verändert und weil sich die Möglichkeiten, die ich habe, damit auch verändern.
Starke Bedrohung für etablierte Karrieren
Sind das für Dich positive Veränderungen? Wir erleben die digitale Transformation und viele unserer Jobs werden in Zukunft von Maschinen oder Software übernommen. Freust Du Dich auf die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre?
Das ist wirklich schwer vorherzusagen. Ich glaube, dass es einige zweifellos sehr, sehr positive Dinge gibt, die vielleicht kommen werden. Aber natürlich gibt es auch negative Dinge. Durch die Automatisierung gibt es eine starke Bedrohung für einige etablierte Karrieren.
Gleichzeitig gibt es enorme Möglichkeiten von zu Hause aus zu arbeiten. Es gibt fantastische Ressourcen und Wege für Menschen, sich selbst etwas beizubringen, sowie unterschiedliche Erfahrungen und unterschiedliches Wissen zu bekommen. Die Menschen sollten wirklich selbst die Kontrolle über ihre Karriere und Bestimmung übernehmen. Sie sollten die Augen für Möglichkeiten offen halten und darüber nachdenken, was sie in der Zukunft vielleicht tun könnten. Und wenn sie sich anderes Wissen aneignen müssen, um das zu tun, dann sollten sie sich fragen, wie sie dieses Wissen erlangen können.
Es hängt wirklich stark am Einzelnen, was er daraus macht. Es ist sehr klar, dass die Dinge in Zukunft ganz anders sein werden. Und dass Jobs, die wir in der Vergangenheit als selbstverständlich angesehen haben, vielleicht nicht mehr existieren werden. Gleichzeitig wird es neue Jobs und neue Möglichkeiten geben, die wir uns noch nicht vorstellen können.
Außergewöhnliches Talent = Passende Werte und Visionen
Du hast gesagt, dass wir uns viele Dinge selbst beibringen können und das ist eine Erfahrung, die ich auch gemacht habe. Ich kann mir mit Büchern, dem Internet oder was auch immer alles Mögliche beibringen. Andererseits brauchst Du, wenn Du Bewerbungen mit Anschreiben und Lebenslauf verschickst, die perfekte Passung mit bestimmten Qualifikationen. Wenn Du Dir etwas selbst beigebracht hast, dann finde ich es sehr schwer, einen Job zu finden. Wie sind Deine Erfahrungen damit?
Da hast Du Recht. Arbeitgeber haben sehr oft ein sehr enges Blickfeld, was den perfekten Kandidaten für einen Job betrifft. Zum Beispiel wenn es darum geht, was genau der in der Vergangenheit gemacht hat und Dinge dieser Art. Aber, um ehrlich zu sein, finde ich auch immer mehr Offenheit bei Arbeitgebern vor. Ganz sicher im UK, weil sie hier offener sein müssen.
Das Buch, für das wir recherchiert und das wir geschrieben haben, heißt „Exceptional Talent“. Wenn ich „außergewöhnliches Talent“ definiere, dann ist das jemand, dessen Werte und Visionen mit denen seines Arbeitgebers übereinstimmen. Denn die Fähigkeiten und Erfahrungen kannst Du ihm beibringen. Du hast Recht damit, dass einige Arbeitgeber bezogen auf diese Definition in ihrer Sicht sehr eingeschränkt sind. Es gibt aber auch offene Arbeitgeber, die anders denken über die Typen von Menschen, die für sie arbeiten sollen.
Sehr verwirrende Situation für Jobsucher
Habt Ihr im UK ein Anschreiben bei der Bewerbung? In Deutschland diskutieren wir gerade, ob wir ein Anschreiben brauchen oder nicht.
Wir führen gerade die gleiche Diskussion. In den Zeiten, als Du Dich noch mit Papier für einen Job beworben hast, hast Du traditionell Anschreiben und Lebenslauf geschickt. Wenn Du Dich für einen Job bei der Regierung oder im öffentlichen Dienst bewirbst, dann füllst Du ein Bewerbungsformular aus. Da gibt es einen Unterschied zwischen dem öffentlichen Dienst und der privaten Wirtschaft.
Im Moment befinden wir uns in einer für viele Jobsucher sehr unklaren und verwirrenden Situation. Am Ende scheint es auf die individuellen Präferenzen des Personalers und des Unternehmens hinauszulaufen. Ich kenne einige Menschen in Personalabteilungen, die niemals ein Anschreiben lesen würden und es gibt Leute, die das immer noch für wichtig halten. Ich denke, dass das ein Problem für Jobsucher ist, weil es sehr schwer ist, zu wissen, was ich tun soll.
Aus der UK-Perspektive schreiben die Leute immer noch Bewerbungsanschreiben und ich finde, dass ihnen dabei bewusst sein sollte, das ihr Anschreiben eventuell nicht gelesen wird. Oder das es bestimmt nicht vor dem Lebenslauf gelesen wird. Vermutlich wird die Situation so sein, dass erst der Lebenslauf gelesen wird und danach das Anschreiben. Ich finde es wichtig, dass Leute das realisieren, wenn sie ihre Bewerbung zusammenstellen.
Für mich klingt es so, als hättet ihr die gleichen Themen und das gleiche gemischte Bild, wie wir. Das ist ganz schön verwirrend. Ich würde sagen, dass es definitiv einen Trend weg von Bewerbungsanschreiben gibt. Die sind weniger wichtig, als noch vor ein paar Jahren. Der Trend geht davon weg, aber die aktuelle Situation ist leider sehr verwirrend.
Menschliche Seite im Internet nachliefern
So wie ich es verstanden habe, sagen die Leute, die das Anschreiben behalten möchten, dass es vor allen Dingen Quereinsteigern – denen die passenden Qualifikationen im Lebenslauf fehlen – nutzt. Die bekommen durch das Anschreiben die Möglichkeit, zu erklären, warum sie der richtige für den Job sind. Was ich persönlich sehr schwer finde, weil Du als Bewerber das Unternehmen / den Personaler ja nicht kennst.
Mein Freund Henrik Zaborowski, der als Recruiting Coach arbeitet, vergleicht den Lebenslauf mit dem technischen Datenblatt einer Waschmaschine. Darin kannst Du den Stromverbrauch sehen, mit wie viel Umdrehungen sie schleudern kann, und so weiter. Das, was nicht in dem Datenblatt steht, kann die Waschmaschine auch nicht. Beim Lebenslauf ist es genau das gleiche: Was da nicht drin steht, das kann der Bewerber auch nicht. Jetzt reden wir aber von einem Menschen! Da gibt es vielleicht ein bisschen mehr, als das, was Du im Lebenslauf finden kannst. Deswegen finde ich das sehr, sehr schwer. Meiner Erfahrung nach, wird in der Personalabteilung zuerst in den Lebenslauf geguckt. Wie Du schon gesagt hast, kann es passieren, dass keiner Dein Anschreiben liest. Was kannst Du mit einem „Datenblatt“ anfangen?
Ja, das stimmt. Ich glaube aber auch, dass es noch einen weiteren Aspekt gibt. Ich glaube, dass sich viele Personalentscheider und Unternehmen die online Profile der Bewerber angucken. Gleichzeitig schauen sie sich den Lebenslauf an. Wenn sich ein Personaler das LinkedIn-Profil und die gesamte online Präsenz eines Bewerbers anguckt, dann ergibt sich dort für den Jobsucher vielleicht die Möglichkeit, die extra Information „meine menschlichen Seite“ / diesen Teil seiner „Marke“ zu zeigen.
Ich glaube dass das, die Anschreiben eventuell ersetzen könnte. Der Personaler hat die Möglichkeit, sich die online Profile von jemandem anzusehen und damit die Lücken zu füllen, die er mit dem „Datenblatt“ nicht schließen kann. Ich glaube fest daran, dass das die Richtung ist, in die es im UK gehen wird. Dass Personaler die Leute recherchieren werden, deren Lebenslauf für sie Potential hat.
Xing-Profil und Lebenslauf sind nicht das Gleiche
Ist so ein Online Profil nicht das Gleiche, wie ein Lebenslauf? Nur dass es eben im Internet steht. Da stehen auch die Unternehmen wo Du warst, wann du angefangen und aufgehört hast. Wo ist der Unterschied?
Ja, die Struktur ist sehr ähnlich. Es gibt aber zum Beispiel bei LinkedIn die Möglichkeit, viel mehr von Dir zu zeigen. Das können Artikel sein, die Du veröffentlicht hast, Sachen, die Du geteilt hast, Videos, Präsentation oder Bilder oder sonstige Sachen, die Du gemacht hast. Ich glaube, dass Du bei solchen Plattformen die Möglichkeit hast, Dich selbst und Deine Karriere viel lebendiger erscheinen zu lassen, als im Lebenslauf. Ich glaube der Punkt ist, dass viele Jobsucher nicht unbedingt realisieren, dass sie diese Möglichkeit haben. Ihre online Präsenz spielt während des Rekrutierungsprozesses eine wichtige Rolle, weil danach gesucht und dann geschaut wird, welchen Eindruck ich bekomme. Ich glaube, dass es viele Dinge gibt, die Du tun kannst, um mit Deiner Online Präsenz ein – im Vergleich zum Lebenslauf – abgerundetes Bild vor Dir zu geben.
Ein guter Jobsucher ist also auch eine Art guter Online Marketer?
Absolut! Ich denke, dass das eine wichtige Sache ist. Du musst nicht zwingend ein Online Marketing Genie sein. Es geht darum, zu verstehen, dass Deine online Profile ein Schlüsselfaktor bei Deiner Jobsuche sind. Du solltest sicherstellen, das die aktuell sind und widerspiegeln wer Du bist und was Du gerne tun würdest. Das ist die wirklich wichtige Sache. Ich gehe davon aus, dass die meisten Leute das nicht unbedingt machen oder nicht in diese Richtung denken. Wenn Du einfach Deine online Präsenzen aktuell hältst und dafür sorgst, dass sie Deine aktuellen Ambitionen und Deine aktuelle Jobsuche widerspiegeln, dann ist das schon ein guter Weg um aufzufallen.
Jobmöglichkeiten von den verrücktesten Stellen
Du hast gesagt, dass Du als Jobsucher auch in Deinem Netzwerk gucken würdest. Ist das ein digitales Netzwerk, bei LinkedIn oder sonst wo im Internet? Oder guckst Du auch in realen Netzwerken, mit echten Menschen im echten Leben? 😉
Das ist eine Kombination verschiedener Faktoren. Für mich sind soziale Medien, wie Facebook, LinkedIn oder was auch immer, großartige Werkzeuge, um viel größere Netzwerke mit Menschen zu managen, als das in der Vergangenheit möglich war. Da bist Du vielleicht ein kleines Adressbuch und Leute durchgegangen, mit denen Du in ein paar vergangenen Jahren gesprochen hast. LinkedIn verbindet Dich mit fast jedem, den Du während Deiner Karriere jemals getroffen hast und Du kannst nie wissen, wer Dir vielleicht mal helfen könnte. Das ist der wichtige Punkt, den man dazu sagen sollte.
Es geht also nicht unbedingt darum, sich mit Fremden oder so vielen unbekannten Leute wie möglich zu vernetzen. Es geht viel mehr darum, die Möglichkeit zu haben, sich mit jedem zu vernetzen, den Du in Deinem Berufsleben getroffen hast. Und dann zu gucken, ob diese Leute Dir helfen können. Sehr, sehr oft kommen Jobmöglichkeiten von den verrücktesten Stellen oder den obskursten Verbindungen. Das ist Netzwerken für mich. Die sozialen Netzwerken unterstützen mich als Werkzeuge dabei, viel mehr Verbindungen zu haben, als das in der Vergangenheit möglich gewesen wäre.
Das ist genau das „Problem“: Es gibt Orte bei denen Du denkst, da ist es am aller wahrscheinlichsten, dass ich eine Chance oder ein Jobangebot bekomme. Und dann wird das nichts. Und am Ende bekommst Du es von jemandem, an den Du nie im Leben gedacht hättest.
Ja genau. Das passiert von Zeit zu Zeit wieder. Deswegen ist es wichtig, offen zu sein und sicherzustellen, dass Du Dich mit Leuten verbindest, mit denen Du gearbeitet hast oder denen Du im Berufsleben begegnet bist. Eben weil Du nie weißt, wer in Zukunft in der Lage sein könnte, Dir zu helfen.
Netzwerken = Informationen sammeln
Wie sähe das bei Dir in der Praxis aus, mit all Deinem Wissen von der Seite der Unternehmen. Wenn Du in Deinem Netzwerk nach einem Job suchst, wie würdest Du das machen? Würdest Du einfach jemanden eine Mail schicken, ihn anrufen oder treffen und sagen „Hey, ich bin Matt. Ich arbeite seit ein paar Jahren freiberuflich und jetzt hätte ich gerne einen Job als …“? Würdest Du die Leute einfach darüber informieren? Oder würdest Du ihnen Fragen stellen? Oder was würdest Du tun?
Es ist eine Kombination verschiedener Dinge. Leute fragen ist immer gut. Leute danach zu fragen, was sie vielleicht über bestimmte Möglichkeiten wissen könnten, ist sehr nützlich.
Ich würde aber sagen, dass „Dein Netzwerk nutzen“ in der Praxis bedeutet, Informationen zu sammeln. Die bekommst Du, indem Du Menschen zu ihren Unternehmen befragst, zu ihrer Branche befragst, sie fragst, was gerade im Markt vor sich geht und so weiter. Es geht darum Informationen zu bekommen, die Dir bei Deiner Jobsuche vielleicht helfen. Ich denke, das ist sehr, sehr wichtig. Sehr viele Leute werden sowieso über die Stellen reden, die in ihren Unternehmen zu besetzen sind. Guck einfach worüber die Leute in Deinem Netzwerk gerade reden, ob es Möglichkeiten gibt, über die gerade gesprochen wird, die sich für Dich relevant anhören. Geh aber auch auf Leute zu, von denen Du denkst, das sie die Richtigen Verbindungen haben könnten, um Dir zu helfen. Das ist eine wirklich gute Vorgehensweise.
Hilf anderen!
Ich denke es ist wirklich schwer, nicht als jemand da zu stehen, der sagt: „Bitte, bitte, gib mir einen Job!“ Auf der anderen Seite willst Du nicht der obercoole Typ sein. Ist das eine Frage des Zeitpunkts, wann Du damit anfängst, nach einem neuen Job zu suchen? Wann würdest Du damit anfangen, Dir einen neuen Job zu suchen? Wenn Du die Schnauze gestrichen voll hast? Oder …
Ich persönlich finde, dass Du immer auf der Suche nach einem neuen Job sein solltest. Niemand will derjenige sein, der verzweifelt sagt: „Ich brauche einen Job. Hilf mir! Hilf mir!“ Deswegen musst Du das im Voraus machen. Du musst Dein Netzwerk einsatzbereit haben. Du musst den Leuten aufzeigen, was Deine Fähigkeiten sind, was Du erreicht hast und lauter solche Dinge. Und wenn Du anderen Leuten hilfst, dann ist es wahrscheinlicher, dass andere Leute Dir auch helfen.
Die Geschichte ist nicht, dass Du immer auf der Suche nach einem neuen Job bist. Aber es ist ein dauerhafter Prozess des Karrieremanagements. Und je mehr Netzwerke Du aufbauen kannst, je mehr guten Willen Du generieren kannst, und je mehr gute, eigene Inhalte Du von Dir nach draußen bringen kannst, umso leichter wird es, wenn Du an den Punkt kommst, wo Du unbedingt den neuen Job brauchst. Dann ist alles schon bereit und an der richtigen Stelle. Ich denke, es ist ein ständiger Prozess.
Matt, ich habe mich wirklich sehr, sehr gefreut, dass Du in meiner Show warst. Herzlichen Dank, dass Du mit mir gesprochen hast. Wenn meine Hörer zu Dir Kontakt aufnehmen möchten: Wo finden Sie Dich? Oder Deinen Podcast? Verrat es uns bitte.
Ganz leicht bin ich bei LinkedIn zu finden. Meinen „Recruiting Future Podcast“ findest Du in iTunes und allen anderen Stellen, wo es Podcasts gibt. Zum Podcast gibt auch eine eigene Webesite, wo Du Dir die letzten Episoden anhören und ein bisschen mehr über mich herausfinden kannst.
Hier kannst Du das Buch von Matt bestellen.
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Wenn Du Fragen an mich oder meine Interviewpartner hast, dann hinterlasse einen Kommentar. Auch Themenvorschläge sind jederzeit willkommen.
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Mein heutiger Interviewpartner ist Matt Alder. Der 45-jährige Brite ist der Macher des Podcast „Recruiting Future„. Mit Matt habe ich die erste Jobsucher-Podcast-Episode in Englisch aufgenommen und ich bin sehr gespannt, wie Du das findest. Bitte hinterlass mir doch einen Kommentar, ob es Dir gefallen würde, wenn ich weitere Englisch sprechende Gäste in meine Show hole. Den Blick über den Tellerrand finde ich persönlich sehr spannend. Andererseits ist es beim Zuhören natürlich eine Herausforderung. Deswegen gibt es hier anstelle des sonst üblichen Blogbeitrags die deutsche Übersetzung des kompletten Interviews! Dass ich das bei jedem (eventuell noch folgendem) englischen Gast machen werde, kann ich Dir allerdings noch nicht versprechen. Wenn ich gut drauf bin und viel Zeit habe vielleicht. 😉 Deswegen interessiert mich ebenfalls, ob Du auch – ohne – Übersetzung mit weiteren englischen Folgen einverstanden wärst. Schon mal Danke für Dein Feedback!
Deutsche Übersetzung
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode des Endlich Montag Jobsucher-Podcast! Heute habe ich einen Interviewpartner aus UK in meiner Show, sein Name ist Matt Alder und ich freue mich wirklich sehr darüber, ihn dabei zu haben und auch über meine erste Episode in Englisch. Hallo Matt.
Hallo und vielen Dank, dass ich in der Show sein darf.
Ich freue mich. Matt, bitte sag meinen Hörern, wer Du bist und was Dein Job ist. Was machst Du in UK?
Na klar. Mein Name ist Matt Alder und ich mache verschiedene Sachen.
Der Hauptteil meiner Arbeit besteht darin, mit unterschiedlichen Arbeitgebern zusammenzuarbeiten und ihnen dabei zu helfen, die Art und Weise, wie sie Talente auf ihre Organisationen aufmerksam machen, innovativer zu gestalten. Ich helfe ihnen bei den Rekrutierungsprozessen und beim Personalmarketing und beim Umgang mit Technologien, die die Arbeitgeber vielleicht dafür nutzen.
Außerdem bin Autor. Ich habe das Buch „Exceptional Talent“ (Außergewöhnliches Talent) geschrieben, das im Mai weltweit veröffentlich wurde. Darin geht es darum, was Unternehmen tun müssen, um ihre Organisationen für die besten Talente attraktiv zu machen.
Und drittens bin ich ein Podcast-Kollege. Ich veröffentliche einen wöchentlich erscheinenden Podcast zum Thema Rekrutierung. Es ist eine interessante Erfahrung, in dieser Show auf der anderen Seite des Tisches zu sein.
Ich kann Deinen Podcast nur empfehlen. Ich denke darüber nach etwas ähnliches in Deutsch zu machen. Wer weiß, eines Tages ist es so weit … 😉
Weißt Du, wie ähnlich oder unterschiedlich die Arbeitsmärkte in UK und Deutschland sind? Ich frage, weil ich vor ungefähr 20 Jahren in Irland gearbeitet habe. Bei der Jobsuche habe ich Anschreiben und Lebensläufe verschickt und dann festgestellt, dass alles über Arbeitsvermittler zu laufen scheint. Ich weiß nicht, was sich in den vergangenen 20 Jahren getan hat und wie die Lage in UK ist. Kannst Du uns etwas dazu sagen?
Im Vollzeit-Markt spielen Vermittler keine Rolle
Natürlich. Arbeitsvermittler spielen bei der Personalgewinnung in UK immer noch eine wichtige Rolle. Die meisten Arbeitgeber nutzen Arbeitsvermittler in größerem oder kleinerem Umfang. Speziell in Arbeitsmärkten mit Werk- und Zeitverträge haben Arbeitsvermittler einen großen Markt. Im Vollzeit-Arbeitsmarkt spielen die Arbeitsvermittler keine Rolle. Dort arbeiten die Arbeitgeber immer mehr daran, die Leute direkt zu rekrutieren. Damit wollen sie Zeit und Geld einsparen, das sie für Arbeitsvermittler aufwenden müssten.
UK bietet im Moment ein recht interessantes Bild. Es gibt immer noch eine Menge Stellen, die über Arbeitsvermittler besetzt werden. Aber da ist auch eine stark wachsende Zahl an Arbeitgebern, die die Leute direkt rekrutieren wollen. Die wollen sich die neuen Technologien und die neue Art über Rekrutierung zu denken, zunutze machen, um damit in der Lage zu sein, die Personalgewinnung selbst in die Hand zu nehmen.
„Aktive Personalgewinnung nimmt definitiv zu!“
Direkt rekrutieren: Meinst Du damit Active Sourcing? Oder reden wir über Stellenanzeigen auf Firmenwebseiten? Oder was sonst meinst Du?
Um ehrlich zu sein, ist es ein bunter Mix aus Dingen, die gemacht werden. Vieles hängt davon ab, in welchen Kreisen ein Unternehmen unterwegs ist. Bei wissenschaftlichen und technischen Stellen gibt es zum Beispiel im Moment einen Mangel an Leuten mit den passenden Fähigkeiten in UK, weswegen die Unternehmen bei diesen Stellen in der Personalgewinnung viel proaktiver unterwegs sind.
Im Einzelhandel neigen Unternehmen tendenziell eher dazu, Stellen auf Karrierewebseiten auszuschreiben und dann auf die eingehenden Bewerbungen zu reagieren. Das, was gemacht wird, ergibt eine Art gemischtes Bild, aber aktive und direkte Personalgewinnung nimmt definitiv zu.
Arbeitgeber müssen sich anstrengen
Liegt das daran, dass weniger Bewerbungen geschickt werden? Oder daran, dass es durch den demographischen Wandel einfach weniger Menschen gibt, die Bewerbungen schicken könnten?
Ich glaube es gibt mehrere Gründe.
Im Moment ist die Arbeitslosenquote im UK sehr gering. Es gibt also viele, viele Stellen, die nicht besetzt sind. Arbeitgeber müssen sich wirklich anstrengen, um Leute zu finden, die für sie arbeiten.
Eine andere Sache ist, dass sich gerade so unheimlich viel tut. Jobbörsen waren in UK immer sehr stark und sind immer noch eine wesentliche Kraft am Arbeitsmarkt. Aber es gibt sooo viel Wettbewerb durch Neuerungen, die bei den Jobsuchern auch Aufmerksamkeit bekommen. Das Internet und Handys sind voll mit unheimlich viel Ablenkung und allen Arten von Informationen. Deshalb empfinden es Unternehmen als immer schwerer, ihre Stellenausschreibungen da durchzubringen. Und auch die Leute dazu zu bringen, sie – und die Stellen, die sie zu besetzen haben – überhaupt zu bemerken. Im Moment ist es wirklich ein von den Bewerbern getriebener Markt. Arbeitgeber müssen hart dafür arbeiten, um die richtigen Leute für ihre Organisationen zu finden. Das ist der Grund, warum sie verschiedene Taktiken benutzen und vielleicht mehr proaktiv vorgehen, als noch vor fünf oder zehn Jahren.
Jobs finden und gefunden werden
Ich finde, das ist eine wirklich coole Entwicklung. Die Arbeitgeber bewerben sich jetzt bei den Arbeitnehmern, anstatt andersherum. Vor zehn Jahren hätten wir gesagt, dass das unmöglich ist. Wenn Du der Jobsucher wärst: Wie würdest Du vorgehen?
Das ist eine sehr interessante Frage. Ich finde, dass es eine Balance zwischen „einen Job finden“ und „für einen Job gefunden werden“ ist. Wenn ich jetzt nach einem Job suchen würde, dann würde ich immer noch in Jobbörsen gucken um zu sehen, wer Anzeigen schaltet. Ich würde aber gleichzeitig sicherstellen, dass ich von Leuten gefunden werde, die proaktiv zum Beispiel bei LinkedIn suchen.
Außerdem würde ich meinem Netzwerk sehr viel Aufmerksamkeit schenken, um herauszufinden, ob es Möglichkeiten für mich gibt, von denen die Menschen, die ich kenne, vielleicht etwas wissen. Ich würde einen starken Fokus auf mein Online Profil bei LinkedIn, oder wo auch immer das wäre, legen. Dort würde ich sicherstellen, dass es mich als einen potentiellen Arbeitnehmer widerspiegelt und verkauft.
Gleichzeitig würde ich aktiv an Orten schauen, wo Leute Anzeigen schalten. Ich würde das als persönliche, professionelle „Marke“ sehen und sicherstellen, dass mein Profil mit den bestmöglichen Informationen über mich aktuell ist. Der Wert, den ich einem Arbeitgeber bringen könnte, wäre dabei der kritische Teil.
Offen dafür sein, dass sich alles verändert
Ich finde, es fühlt sich toll an, wenn Dich jemand findet und Dir einen Job anbietet. Deine Karriereplanung liegt dann aber unter Umständen mehr in den Händen des Anbietenden. Ich denke, dass es für einen Jobsucher sehr gut ist, einen Plan zu haben, wohin die Reise gehen soll und dann aktiv danach zu suchen. Der Nachteil dabei ist, dass Du die Arbeit dann selbst machen musst, aber trotzdem: Wie denkst Du darüber? Ich finde, wenn Dich jemand anruft und Du entscheidest ob Du annimmst oder ablehnst, dann solltest Du Dir über Deine Ziele und darüber, wohin Du möchtest, sehr klar sein.
Ich denke, dass Du definitiv einen klaren Plan brauchst, wonach Du eigentlich suchst. Gleichzeitig denke ich, dass sich die Arbeitswelt sehr verändert. Dass sich Deine Möglichkeiten sehr verändern. Und dass sich sogar die Art, zu Arbeiten, verändert. Deswegen bin ich der Meinung, dass die Leute auch offen sein sollten.
Weißt Du: Ich habe seit sieben oder acht Jahren mein eigenes Unternehmen und arbeite für mich selbst. Wenn ich mich in die Vergangenheit zurückversetze, dann ist es für mich undenkbar, mich selbstständig zu machen. Aber ich habe es gemacht, weil sich die Gelegenheit von selbst bot und weil ich im Denken offen war. Und es ist wirklich gut ausgegangen. Einen Plan mit Zielen zu haben, ist entscheidend. Ich denke aber auch, dass Menschen offen dafür sein sollten, anders zu arbeiten, übers Internet zu arbeiten oder was auch immer. Eben weil die Arbeitswelt sich verändert und weil sich die Möglichkeiten, die ich habe, damit auch verändern.
Starke Bedrohung für etablierte Karrieren
Sind das für Dich positive Veränderungen? Wir erleben die digitale Transformation und viele unserer Jobs werden in Zukunft von Maschinen oder Software übernommen. Freust Du Dich auf die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre?
Das ist wirklich schwer vorherzusagen. Ich glaube, dass es einige zweifellos sehr, sehr positive Dinge gibt, die vielleicht kommen werden. Aber natürlich gibt es auch negative Dinge. Durch die Automatisierung gibt es eine starke Bedrohung für einige etablierte Karrieren.
Gleichzeitig gibt es enorme Möglichkeiten von zu Hause aus zu arbeiten. Es gibt fantastische Ressourcen und Wege für Menschen, sich selbst etwas beizubringen, sowie unterschiedliche Erfahrungen und unterschiedliches Wissen zu bekommen. Die Menschen sollten wirklich selbst die Kontrolle über ihre Karriere und Bestimmung übernehmen. Sie sollten die Augen für Möglichkeiten offen halten und darüber nachdenken, was sie in der Zukunft vielleicht tun könnten. Und wenn sie sich anderes Wissen aneignen müssen, um das zu tun, dann sollten sie sich fragen, wie sie dieses Wissen erlangen können.
Es hängt wirklich stark am Einzelnen, was er daraus macht. Es ist sehr klar, dass die Dinge in Zukunft ganz anders sein werden. Und dass Jobs, die wir in der Vergangenheit als selbstverständlich angesehen haben, vielleicht nicht mehr existieren werden. Gleichzeitig wird es neue Jobs und neue Möglichkeiten geben, die wir uns noch nicht vorstellen können.
Außergewöhnliches Talent = Passende Werte und Visionen
Du hast gesagt, dass wir uns viele Dinge selbst beibringen können und das ist eine Erfahrung, die ich auch gemacht habe. Ich kann mir mit Büchern, dem Internet oder was auch immer alles Mögliche beibringen. Andererseits brauchst Du, wenn Du Bewerbungen mit Anschreiben und Lebenslauf verschickst, die perfekte Passung mit bestimmten Qualifikationen. Wenn Du Dir etwas selbst beigebracht hast, dann finde ich es sehr schwer, einen Job zu finden. Wie sind Deine Erfahrungen damit?
Da hast Du Recht. Arbeitgeber haben sehr oft ein sehr enges Blickfeld, was den perfekten Kandidaten für einen Job betrifft. Zum Beispiel wenn es darum geht, was genau der in der Vergangenheit gemacht hat und Dinge dieser Art. Aber, um ehrlich zu sein, finde ich auch immer mehr Offenheit bei Arbeitgebern vor. Ganz sicher im UK, weil sie hier offener sein müssen.
Das Buch, für das wir recherchiert und das wir geschrieben haben, heißt „Exceptional Talent“. Wenn ich „außergewöhnliches Talent“ definiere, dann ist das jemand, dessen Werte und Visionen mit denen seines Arbeitgebers übereinstimmen. Denn die Fähigkeiten und Erfahrungen kannst Du ihm beibringen. Du hast Recht damit, dass einige Arbeitgeber bezogen auf diese Definition in ihrer Sicht sehr eingeschränkt sind. Es gibt aber auch offene Arbeitgeber, die anders denken über die Typen von Menschen, die für sie arbeiten sollen.
Sehr verwirrende Situation für Jobsucher
Habt Ihr im UK ein Anschreiben bei der Bewerbung? In Deutschland diskutieren wir gerade, ob wir ein Anschreiben brauchen oder nicht.
Wir führen gerade die gleiche Diskussion. In den Zeiten, als Du Dich noch mit Papier für einen Job beworben hast, hast Du traditionell Anschreiben und Lebenslauf geschickt. Wenn Du Dich für einen Job bei der Regierung oder im öffentlichen Dienst bewirbst, dann füllst Du ein Bewerbungsformular aus. Da gibt es einen Unterschied zwischen dem öffentlichen Dienst und der privaten Wirtschaft.
Im Moment befinden wir uns in einer für viele Jobsucher sehr unklaren und verwirrenden Situation. Am Ende scheint es auf die individuellen Präferenzen des Personalers und des Unternehmens hinauszulaufen. Ich kenne einige Menschen in Personalabteilungen, die niemals ein Anschreiben lesen würden und es gibt Leute, die das immer noch für wichtig halten. Ich denke, dass das ein Problem für Jobsucher ist, weil es sehr schwer ist, zu wissen, was ich tun soll.
Aus der UK-Perspektive schreiben die Leute immer noch Bewerbungsanschreiben und ich finde, dass ihnen dabei bewusst sein sollte, das ihr Anschreiben eventuell nicht gelesen wird. Oder das es bestimmt nicht vor dem Lebenslauf gelesen wird. Vermutlich wird die Situation so sein, dass erst der Lebenslauf gelesen wird und danach das Anschreiben. Ich finde es wichtig, dass Leute das realisieren, wenn sie ihre Bewerbung zusammenstellen.
Für mich klingt es so, als hättet ihr die gleichen Themen und das gleiche gemischte Bild, wie wir. Das ist ganz schön verwirrend. Ich würde sagen, dass es definitiv einen Trend weg von Bewerbungsanschreiben gibt. Die sind weniger wichtig, als noch vor ein paar Jahren. Der Trend geht davon weg, aber die aktuelle Situation ist leider sehr verwirrend.
Menschliche Seite im Internet nachliefern
So wie ich es verstanden habe, sagen die Leute, die das Anschreiben behalten möchten, dass es vor allen Dingen Quereinsteigern – denen die passenden Qualifikationen im Lebenslauf fehlen – nutzt. Die bekommen durch das Anschreiben die Möglichkeit, zu erklären, warum sie der richtige für den Job sind. Was ich persönlich sehr schwer finde, weil Du als Bewerber das Unternehmen / den Personaler ja nicht kennst.
Mein Freund Henrik Zaborowski, der als Recruiting Coach arbeitet, vergleicht den Lebenslauf mit dem technischen Datenblatt einer Waschmaschine. Darin kannst Du den Stromverbrauch sehen, mit wie viel Umdrehungen sie schleudern kann, und so weiter. Das, was nicht in dem Datenblatt steht, kann die Waschmaschine auch nicht. Beim Lebenslauf ist es genau das gleiche: Was da nicht drin steht, das kann der Bewerber auch nicht. Jetzt reden wir aber von einem Menschen! Da gibt es vielleicht ein bisschen mehr, als das, was Du im Lebenslauf finden kannst. Deswegen finde ich das sehr, sehr schwer. Meiner Erfahrung nach, wird in der Personalabteilung zuerst in den Lebenslauf geguckt. Wie Du schon gesagt hast, kann es passieren, dass keiner Dein Anschreiben liest. Was kannst Du mit einem „Datenblatt“ anfangen?
Ja, das stimmt. Ich glaube aber auch, dass es noch einen weiteren Aspekt gibt. Ich glaube, dass sich viele Personalentscheider und Unternehmen die online Profile der Bewerber angucken. Gleichzeitig schauen sie sich den Lebenslauf an. Wenn sich ein Personaler das LinkedIn-Profil und die gesamte online Präsenz eines Bewerbers anguckt, dann ergibt sich dort für den Jobsucher vielleicht die Möglichkeit, die extra Information „meine menschlichen Seite“ / diesen Teil seiner „Marke“ zu zeigen.
Ich glaube dass das, die Anschreiben eventuell ersetzen könnte. Der Personaler hat die Möglichkeit, sich die online Profile von jemandem anzusehen und damit die Lücken zu füllen, die er mit dem „Datenblatt“ nicht schließen kann. Ich glaube fest daran, dass das die Richtung ist, in die es im UK gehen wird. Dass Personaler die Leute recherchieren werden, deren Lebenslauf für sie Potential hat.
Xing-Profil und Lebenslauf sind nicht das Gleiche
Ist so ein Online Profil nicht das Gleiche, wie ein Lebenslauf? Nur dass es eben im Internet steht. Da stehen auch die Unternehmen wo Du warst, wann du angefangen und aufgehört hast. Wo ist der Unterschied?
Ja, die Struktur ist sehr ähnlich. Es gibt aber zum Beispiel bei LinkedIn die Möglichkeit, viel mehr von Dir zu zeigen. Das können Artikel sein, die Du veröffentlicht hast, Sachen, die Du geteilt hast, Videos, Präsentation oder Bilder oder sonstige Sachen, die Du gemacht hast. Ich glaube, dass Du bei solchen Plattformen die Möglichkeit hast, Dich selbst und Deine Karriere viel lebendiger erscheinen zu lassen, als im Lebenslauf. Ich glaube der Punkt ist, dass viele Jobsucher nicht unbedingt realisieren, dass sie diese Möglichkeit haben. Ihre online Präsenz spielt während des Rekrutierungsprozesses eine wichtige Rolle, weil danach gesucht und dann geschaut wird, welchen Eindruck ich bekomme. Ich glaube, dass es viele Dinge gibt, die Du tun kannst, um mit Deiner Online Präsenz ein – im Vergleich zum Lebenslauf – abgerundetes Bild vor Dir zu geben.
Ein guter Jobsucher ist also auch eine Art guter Online Marketer?
Absolut! Ich denke, dass das eine wichtige Sache ist. Du musst nicht zwingend ein Online Marketing Genie sein. Es geht darum, zu verstehen, dass Deine online Profile ein Schlüsselfaktor bei Deiner Jobsuche sind. Du solltest sicherstellen, das die aktuell sind und widerspiegeln wer Du bist und was Du gerne tun würdest. Das ist die wirklich wichtige Sache. Ich gehe davon aus, dass die meisten Leute das nicht unbedingt machen oder nicht in diese Richtung denken. Wenn Du einfach Deine online Präsenzen aktuell hältst und dafür sorgst, dass sie Deine aktuellen Ambitionen und Deine aktuelle Jobsuche widerspiegeln, dann ist das schon ein guter Weg um aufzufallen.
Jobmöglichkeiten von den verrücktesten Stellen
Du hast gesagt, dass Du als Jobsucher auch in Deinem Netzwerk gucken würdest. Ist das ein digitales Netzwerk, bei LinkedIn oder sonst wo im Internet? Oder guckst Du auch in realen Netzwerken, mit echten Menschen im echten Leben? 😉
Das ist eine Kombination verschiedener Faktoren. Für mich sind soziale Medien, wie Facebook, LinkedIn oder was auch immer, großartige Werkzeuge, um viel größere Netzwerke mit Menschen zu managen, als das in der Vergangenheit möglich war. Da bist Du vielleicht ein kleines Adressbuch und Leute durchgegangen, mit denen Du in ein paar vergangenen Jahren gesprochen hast. LinkedIn verbindet Dich mit fast jedem, den Du während Deiner Karriere jemals getroffen hast und Du kannst nie wissen, wer Dir vielleicht mal helfen könnte. Das ist der wichtige Punkt, den man dazu sagen sollte.
Es geht also nicht unbedingt darum, sich mit Fremden oder so vielen unbekannten Leute wie möglich zu vernetzen. Es geht viel mehr darum, die Möglichkeit zu haben, sich mit jedem zu vernetzen, den Du in Deinem Berufsleben getroffen hast. Und dann zu gucken, ob diese Leute Dir helfen können. Sehr, sehr oft kommen Jobmöglichkeiten von den verrücktesten Stellen oder den obskursten Verbindungen. Das ist Netzwerken für mich. Die sozialen Netzwerken unterstützen mich als Werkzeuge dabei, viel mehr Verbindungen zu haben, als das in der Vergangenheit möglich gewesen wäre.
Das ist genau das „Problem“: Es gibt Orte bei denen Du denkst, da ist es am aller wahrscheinlichsten, dass ich eine Chance oder ein Jobangebot bekomme. Und dann wird das nichts. Und am Ende bekommst Du es von jemandem, an den Du nie im Leben gedacht hättest.
Ja genau. Das passiert von Zeit zu Zeit wieder. Deswegen ist es wichtig, offen zu sein und sicherzustellen, dass Du Dich mit Leuten verbindest, mit denen Du gearbeitet hast oder denen Du im Berufsleben begegnet bist. Eben weil Du nie weißt, wer in Zukunft in der Lage sein könnte, Dir zu helfen.
Netzwerken = Informationen sammeln
Wie sähe das bei Dir in der Praxis aus, mit all Deinem Wissen von der Seite der Unternehmen. Wenn Du in Deinem Netzwerk nach einem Job suchst, wie würdest Du das machen? Würdest Du einfach jemanden eine Mail schicken, ihn anrufen oder treffen und sagen „Hey, ich bin Matt. Ich arbeite seit ein paar Jahren freiberuflich und jetzt hätte ich gerne einen Job als …“? Würdest Du die Leute einfach darüber informieren? Oder würdest Du ihnen Fragen stellen? Oder was würdest Du tun?
Es ist eine Kombination verschiedener Dinge. Leute fragen ist immer gut. Leute danach zu fragen, was sie vielleicht über bestimmte Möglichkeiten wissen könnten, ist sehr nützlich.
Ich würde aber sagen, dass „Dein Netzwerk nutzen“ in der Praxis bedeutet, Informationen zu sammeln. Die bekommst Du, indem Du Menschen zu ihren Unternehmen befragst, zu ihrer Branche befragst, sie fragst, was gerade im Markt vor sich geht und so weiter. Es geht darum Informationen zu bekommen, die Dir bei Deiner Jobsuche vielleicht helfen. Ich denke, das ist sehr, sehr wichtig. Sehr viele Leute werden sowieso über die Stellen reden, die in ihren Unternehmen zu besetzen sind. Guck einfach worüber die Leute in Deinem Netzwerk gerade reden, ob es Möglichkeiten gibt, über die gerade gesprochen wird, die sich für Dich relevant anhören. Geh aber auch auf Leute zu, von denen Du denkst, das sie die Richtigen Verbindungen haben könnten, um Dir zu helfen. Das ist eine wirklich gute Vorgehensweise.
Hilf anderen!
Ich denke es ist wirklich schwer, nicht als jemand da zu stehen, der sagt: „Bitte, bitte, gib mir einen Job!“ Auf der anderen Seite willst Du nicht der obercoole Typ sein. Ist das eine Frage des Zeitpunkts, wann Du damit anfängst, nach einem neuen Job zu suchen? Wann würdest Du damit anfangen, Dir einen neuen Job zu suchen? Wenn Du die Schnauze gestrichen voll hast? Oder …
Ich persönlich finde, dass Du immer auf der Suche nach einem neuen Job sein solltest. Niemand will derjenige sein, der verzweifelt sagt: „Ich brauche einen Job. Hilf mir! Hilf mir!“ Deswegen musst Du das im Voraus machen. Du musst Dein Netzwerk einsatzbereit haben. Du musst den Leuten aufzeigen, was Deine Fähigkeiten sind, was Du erreicht hast und lauter solche Dinge. Und wenn Du anderen Leuten hilfst, dann ist es wahrscheinlicher, dass andere Leute Dir auch helfen.
Die Geschichte ist nicht, dass Du immer auf der Suche nach einem neuen Job bist. Aber es ist ein dauerhafter Prozess des Karrieremanagements. Und je mehr Netzwerke Du aufbauen kannst, je mehr guten Willen Du generieren kannst, und je mehr gute, eigene Inhalte Du von Dir nach draußen bringen kannst, umso leichter wird es, wenn Du an den Punkt kommst, wo Du unbedingt den neuen Job brauchst. Dann ist alles schon bereit und an der richtigen Stelle. Ich denke, es ist ein ständiger Prozess.
Matt, ich habe mich wirklich sehr, sehr gefreut, dass Du in meiner Show warst. Herzlichen Dank, dass Du mit mir gesprochen hast. Wenn meine Hörer zu Dir Kontakt aufnehmen möchten: Wo finden Sie Dich? Oder Deinen Podcast? Verrat es uns bitte.
Ganz leicht bin ich bei LinkedIn zu finden. Meinen „Recruiting Future Podcast“ findest Du in iTunes und allen anderen Stellen, wo es Podcasts gibt. Zum Podcast gibt auch eine eigene Webesite, wo Du Dir die letzten Episoden anhören und ein bisschen mehr über mich herausfinden kannst.
Hier kannst Du das Buch von Matt bestellen.
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Wenn Du Fragen an mich oder meine Interviewpartner hast, dann hinterlasse einen Kommentar. Auch Themenvorschläge sind jederzeit willkommen.
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