Die Blätter wedeln fröhlich im Wind
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Klare Ansage: der Besitzer des Weinbergs will Frucht! Dafür tut er alles, damit schöne süße Früchte wachsen: es soll guten Wein geben für fröhliche Feste; und am Rand des Weinbergs wächst ein Feigenbaum - er bekommt da viel Sonne ab; und der soll auch Früchte bringen – wenn nicht: Hau ihn ab! Klare Ansage!
Das erschreckt mich schon etwas. Ich frage mich: Ist mein Leben fruchtbar? Müsste der Weingärtner nicht auch zur mir sagen: „Hau sie ab!“?
Ich bin grade aus der aktiven beruflichen Phase in die Rente eingetreten. Im Rückblick frage ich mich schon: Was habe ich bewirkt? Was bleibt? Hätte ich nicht einiges anders machen sollen? Und jetzt: wo bringe ich jetzt Früchte – oder wedeln nur die Blätter fröhlich im Wind? Harte Fragen.
Wenn er keine Frucht bringt, so hau ihn ab! Soll der Baum sich - bitte schön! - noch mehr anstrengen, mehr Sonne tanken, tiefer die Wurzeln hinuntergraben?
Nein: der Weingärtner bittet für den Baum beim Besitzer „Herr, lass den Feigenbaum noch dies Jahr!“ Er sagt: ICH will um ihn herum graben und düngen!“ Von außen muss es kommen; wenn der Boden platt getreten ist, kommt ja kaum Wasser durch; wenn drumrum die Nährstoffe fehlen - dann ist klar: dem Baum fehlt was!
Wie ist das bei Ihnen? Wie ist Ihre Umwelt? Liebevoll, fürsorglich, beschenkend? Das wäre schön - aber oft ist doch die Umwelt eher feindlich; sie brettert über einen hinweg; sie nimmt Kräfte, und sie laugt eher aus, als dass sie nährt…
Der Weingärtner - Jesus! - bittet für den Feigenbaum! Jesus bittet für mich bei Gott, dem Weinbergbesitzer! Und ER tut etwas: den Boden lockern, Dünger geben.
Wie kann man das verstehen, solche Mühe für einen Baum, der nichts bringt?
Was lockert den „Boden“ (sozusagen) bei Menschen? Not und Leid ritzen den Boden auf; lassen einen fragen: „Warum das jetzt? Wozu soll das gut sein?“ Wie eine Hacke die Erde aufbricht – und nun kann etwas eindringen: der Boden wird durchlässig, kann wieder Regen aufnehmen. Das ist nicht immer schön – o nein, ich mag Not und Leid nicht! Düngen, das ist: Nahrung geben.
Was nährt mich? Ist es nicht die Liebe meiner Mitmenschen? Sind es nicht schöne Erlebnisse – auch? Und wenn die Liebe und die schönen Erlebnisse ausbleiben, wenn ich mich durchkämpfen muss? Dann: nährt mich die Nähe von Jesus, seine Treue: dass er dableibt; dass er weiß, was ich jetzt brauche, und was gut ist. Ich bete und bekomme Kraft und Mut.
Jesus müht sich um den Baum, er gräbt und düngt. Bin ich so wichtig für ihn? Ja, jeder!
Weiß Jesus, was er tut - wenn er um einen Baum herumgräbt - die kleinen Würzelchen liegen dicht unter der Erde, die kann man verletzen! Beim Düngen kann man zu viel des Guten tun – dann verbrennen die Wurzeln.
Ich vermute aber mal: der Weingärtner hat sein Handwerk gelernt – wenn, dann versteht er etwas von der Materie… So hat Jesus sich um Menschen gemüht, so hat er alles getan – am Kreuz, und auch jetzt - und ich brauche das!
Vom Erschrecken über dieses Gleichnis bin ich zur Dankbarkeit gekommen: Danke, Jesus, dass Du dich so um mich mühst, und ich will es zulassen, dass du gräbst und düngst – so dass ich ein fruchtbarer Feigenbaum bin, oder es werde.
Autor: Pfarrerin Renate Schmidt
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